Während Cannabis früher vor allem mit Freizeitkonsum und jüngeren Zielgruppen in Verbindung gebracht wurde, wächst nun das Interesse an der Pflanze auch im Bereich der Medizin, insbesondere für ältere Menschen. Senioren sehen sich oft mit chronischen Schmerzen, Schlafstörungen und altersbedingten Erkrankungen konfrontiert. Hier stellt sich die Frage, ob Cannabis bei Senioren eine alternative oder ergänzende Therapiemöglichkeit sein könnte. In diesem Beitrag werden die Alterungsprozesse des menschlichen Körpers und Gehirns erklärt, die Einsatzmöglichkeiten von medizinischem Cannabis beleuchtet und spezifische Studien vorgestellt, die das Potenzial von Cannabis im Alter aufzeigen.
Alterungsprozesse des Körpers und des Gehirns
Das Altern ist ein natürlicher Prozess, der sowohl den Körper als auch das Gehirn betrifft. Es gibt eine Vielzahl von biologischen, chemischen und physischen Veränderungen, die im Laufe der Zeit auftreten und zu typischen altersbedingten Beschwerden und Erkrankungen führen.
Körperliche Veränderungen im Alter
Mit zunehmendem Alter verringert sich die Muskelmasse, und die Knochendichte nimmt ab, was das Risiko für Stürze und Frakturen erhöht. Die Gelenke verlieren an Elastizität, was zu Schmerzen und Mobilitätseinschränkungen führen kann. Auch die Haut verliert an Spannkraft und Feuchtigkeit, und die Wundheilung verlangsamt sich. Zusätzlich können die inneren Organe, wie Herz und Lunge, eine Leistungsfähigkeit einbüßen, was zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atembeschwerden führen kann.
Veränderungen im Gehirn
Auch das Gehirn ist von altersbedingten Veränderungen betroffen. Das Volumen des Gehirns schrumpft, was insbesondere den Hippocampus betrifft – die Region, die für Gedächtnis und Lernen zuständig ist. Dies führt oft zu einer Abnahme der kognitiven Fähigkeiten, Gedächtnisproblemen und einer erhöhten Anfälligkeit für neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz oder Alzheimer. Gleichzeitig verlangsamt sich die Reaktionszeit, und viele Senioren leiden unter Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen.
Häufige altersbedingte Erkrankungen
Typische Erkrankungen im Seniorenalter sind:
Arthritis: Gelenkschmerzen und Entzündungen, die die Mobilität beeinträchtigen.
- Osteoporose: Ein Verlust an Knochendichte, der das Risiko für Brüche erhöht.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bluthochdruck, Herzinsuffizienz oder koronare Herzkrankheiten sind bei älteren Menschen weit verbreitet.
- Diabetes Typ 2: Durch den verlangsamten Stoffwechsel kann der Blutzuckerspiegel aus dem Gleichgewicht geraten.
- Demenz und Alzheimer: Diese neurodegenerativen Erkrankungen führen zu kognitiven Störungen und Gedächtnisverlust.
- Schlafstörungen: Viele Senioren leiden unter Ein- und Durchschlafproblemen, was sich negativ auf die Lebensqualität auswirkt.
Was ist medizinisches Cannabis?
Medizinisches Cannabis wird aus der Cannabispflanze gewonnen und enthält Wirkstoffe wie Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), die beide unterschiedliche therapeutische Wirkungen haben. Im Gegensatz zu herkömmlichem Cannabis wird medizinisches Cannabis gezielt für therapeutische Zwecke eingesetzt und oft in From von Blüten, standardisierten Extrakten oder auch in Medikamentenformen verwendet.
- THC ist der psychoaktive bzw. psychotrope Bestandteil von Cannabis und kann Schmerzen lindern, den Appetit anregen und bei Schlafproblemen helfen.
- CBD ist auch psychoaktiv und hat entzündungshemmende, angstlösende und neuroprotektive Eigenschaften. Es wird oft zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen eingesetzt, ohne das Bewusstsein zu beeinträchtigen.
Cannabis bei Senioren: Anwendung bei typischen Beschwerden im Alter
Viele altersbedingte Erkrankungen und Beschwerden lassen sich mit medizinischem Cannabis behandeln. Besonders relevant sind hierbei Schmerzen, psychische Erkrankungen, Entzündungen sowie Demenz oder Alzheimer.
THC bei Erkrankungen im Alter
THC hat eine schmerzlindernde und entspannende Wirkung, weshalb es häufig bei chronischen Schmerzen, Schlafproblemen und Appetitlosigkeit eingesetzt wird. Bei Senioren mit Arthritis oder Rückenschmerzen kann THC helfen, die Schmerzen zu reduzieren. Darüber hinaus ist THC hilfreich, um den Schlaf zu verbessern, was bei Senioren mit Schlafstörungen eine bedeutende Rolle spielt. Aber auch die Anregung des Appetits ist ein wichtiger Faktor, denn die nicht ausrechende Essenszufuhr durch den geminderten Appetit kann zu einem Vitamin- oder Nährstoffmangel führen.
CBD bei Erkrankungen im Alter
CBD ist besonders bei entzündungsbedingten Erkrankungen wie Arthritis und Diabetes von Vorteil. Durch seine entzündungshemmenden Eigenschaften kann CBD die Gelenkschmerzen und Schwellungen lindern, die bei Arthritis auftreten. Bei älteren Menschen, die unter Angstzuständen oder Stimmungsschwankungen leiden, hat sich CBD ebenfalls als wirksam erwiesen, da es angstlösende und stimmungsaufhellende Eigenschaften besitzt. Darüber hinaus wird CBD bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer zunehmend als potenzielles Mittel zur Verlangsamung des Krankheitsverlaufs erforscht.
Cannabis bei Demenz: Eine Studie zeigt vielversprechende Ergebnisse
Eine aktuelle Studie des Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) untersuchte den Einsatz von medizinischem Cannabis bei Demenz. Die Ergebnisse sind vielversprechend: Bei den untersuchten Demenzpatient*innen, die medizinisches Cannabis eingenommen haben, zeigen sich deutliche Verbesserungen im Verhalten und in den kognitiven Fähigkeiten. Insbesondere bei Symptomen wie Agitation, aggressivem Verhalten und Schlafstörungen konnten Verbesserungen festgestellt werden. Patienten, die zuvor keine Wirkung durch herkömmliche Medikamente verspürten, reagierten positiv auf die Behandlung mit Cannabis. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Cannabis bei Senioren eine wertvolle Ergänzung zur bestehenden Therapie von Demenz sein könnte.
Neue Erkenntnisse aus der Forschung: Cannabis kann das Gehirn im Alter unterstützen
Eine weitere interessante Studie stammt von der Universität Bonn. Diese Forschung untersuchte die Wirkung von Cannabis auf das Gehirn im Alter und stellte fest, dass eine niedrig dosierte Langzeitbehandlung mit THC bei älteren Mäusen die kognitiven Fähigkeiten wiederherstellen konnte. Während die Gehirnleistung der älteren Mäuse ohne Behandlung rapide abnahm, zeigten die Mäuse, die THC erhielten, eine Wiederherstellung der kognitiven Funktionen auf ein jüngeres Niveau. Diese Forschungsergebnisse lassen darauf schließen, dass Cannabis eine potenzielle Rolle im Bereich der neurodegenerativen Prävention spielen könnte. Obwohl weitere Studien am Menschen notwendig sind, zeigen diese Ergebnisse ein vielversprechendes Potenzial, Cannabis als Anti Aging Wunder gezielt zur Erhaltung der Gehirngesundheit im Alter einzusetzen.
Wichtig: Da einige Senioren Medikamente einnehmen, muss bei der Einnahme von Cannabis unbedingt die Neben- und Wechselwirkung bedacht und beachtet werden. Eine Begleitung von einem Arzt oder einer Ärztin ist immer zu empfehlen.
Einnahmeformen und Dosierung von Cannabis bei Senioren
Senioren bevorzugen in der Regel einfache und präzise dosierbare Formen der Einnahme. Daher sind Cannabis-Extrakte oder Kapseln oft die bevorzugten Darreichungsformen. Diese Produkte ermöglichen eine kontrollierte Dosierung und bieten eine diskrete und einfache Anwendung. Im Gegensatz zu herkömmlichem Rauchen, das bei älteren Menschen absolut nicht zu empfehlen ist, bieten Extrakte eine schöne, einfach anwendbare und rauchfreie Alternative. Es besteht natürlich auch die Möglichkeit einen medizinischen Vaporizer zu verwenden, doch um die Patienten und Patientinnen damit nicht zu überfordern, benötigen sie eine professionelle Einweisung.
Wie dosiert man richtig?
Die richtige Dosierung ist besonders bei Senioren entscheidend, da der Stoffwechsel langsamer arbeitet und die Empfindlichkeit gegenüber Medikamenten höher ist. Es wird empfohlen, mit einer sehr niedrigen Dosis zu beginnen und diese schrittweise zu steigern, bis die gewünschte Wirkung erreicht ist. Bei THC-haltigen Produkten sollte besonders auf mögliche Nebenwirkungen wie Schwindel oder Benommenheit geachtet werden, da ältere Menschen anfälliger für solche Reaktionen sind. Bei CBD ist das Risiko für Nebenwirkungen geringer, dennoch sollte die Dosis langsam erhöht werden, um die optimale Wirkung zu erzielen. Doch eine cannabisbasierte Therapie sollte ohnehin immer von einem Arzt, einer Ärztin oder anderem medizinischem Fachpersonal begleitet werden.
Fazit: Cannabis bei Senioren als vielversprechende Therapieoption
Cannabis bei Senioren ist ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Mit dem Alter treten häufig Erkrankungen auf, bei denen herkömmliche Medikamente nicht immer ausreichend helfen oder zu starke Nebenwirkungen mit sich bringen. Hier kann medizinisches Cannabis eine wertvolle Unterstützung bieten, insbesondere durch die schmerzlindernden und entzündungshemmenden Eigenschaften von CBD und THC.
Studien zeigen, dass Cannabis nicht nur zur Linderung körperlicher Beschwerden eingesetzt werden kann, sondern auch das Potenzial hat, neurodegenerative Prozesse zu verlangsamen und das Gehirn im Alter zu unterstützen. Angesichts der vielversprechenden Forschungsergebnisse und der wachsenden Akzeptanz in der Medizin bietet Cannabis eine natürliche und vielseitige Therapieoption für Senioren, die ihre Lebensqualität im Alter verbessern möchten.
Quellen draco.de uni-bonn.de