Cannabis bei Migräne oder Kopfschmerzen einzusetzen ist keine neuartige Modeerscheinung oder eine Folge des derzeitigen Cannabistrends. Ganz im Gegenteil. Cannabisbasierte Medikamente wurden schon vor über 1000 Jahren bei Kopfschmerzen und im Allgemeinen bei Schmerzen, verabreicht. Die Geschichte von Cannabisarzneien ist sehr interessant und aufschlussreich.
Forscher gehen sogar davon aus, dass unterschiedliche Formen der Migräne durch einen Endocannabinoid-Mangel im Körper verursacht werden. Endocannabinoide sind Stoffe, die der Körper selbst produziert und für viele Funktionen benötigt. Cannabinoide, wie THC und CBD sind deren Gegenspieler, die ebenfalls Wirkungen erzielen, und evtl. bei regelmäßigem Konsum, Migräneschübe vorbeugen können. Die Forschung geht dieser Theorie derzeit nach.
Genaueres über dieses spannende Thema kannst du in dem Beitrag über das Endocannabinoidsystem lesen.
Was ist Migräne?
Migräne ist eine weltweit verbreitete neuronale Störung, die verschiedene Symptome mit sich bringt und damit für viel Leid bei den betroffenen Patienten sorgen kann. Es wird geschätzt, dass ca. eine Milliarde Menschen auf der ganzen Welt von Migräne betroffen sind. Die Ursachen, wodurch diese ausgelöst wird, sind derzeit noch nicht zu hundert Prozent geklärt. Frauen sind häufiger von der Krankheit betroffen, als Männer. Die Migräne tritt meist das erste Mal im Jugendalter auf und kann dann, unglücklicherweise, zu einem regelmäßigen Begleiter werden.
Mögliche Ursachen für Migräne:
- Stress
- hormonbedingte Schwankungen
- eine ungesunde Lebensweise (ein zu hoher Alkohol- und/oder Tabakkonsum)
- zu wenig Bewegung
- ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus
- Nahrungsmittelunverträglichkeit
- ungenügende Flüssigkeitsaufnahme
- bestimmte Medikamente
- usw.
Es wird im Allgemeinen zwischen zwei Migränearten unterschiedene, Migräne mit Aura und Migräne ohne Aura. Die Kopfschmerzen, die im Zusammenhang mit Migräne entstehen, sind oft einseitig und pulsierend und werden als Migräne ohne Aura beschrieben. Eine Migräne mit Aura ist ein Migränekopfschmerz mit einer Reihe von Symptomen, die auf eine zerebrale Dysfunktion zurückzuführen sind und dem Kopfschmerz vorausgehen. Sie deuten den Patienten also den Migräneschub an. Die Aura-Symptome sind ebenfalls sehr individuell. Beispielsweise können Sehstörungen und/oder Schwindel einem Schub vorausgehen.
Eine Migräne kann episodisch (weniger als 15 Tage im Monat) oder chronisch (mehr als 15 Tage im Monat) sein.
Was passiert bei einem Migräneanfall?
Bei einem Migräneanfall kommt es zu einem Ungleichgewicht des Serotonin-Haushaltes im Gehirn. Die Folge: Blutgefäße im Bereich der Hirnhaut weiten und entzünden sich. Dadurch werden Nerven stimuliert, die den Schmerzreiz weiterleiten.
Die Anfälle kommen oft unerwartet und schubweise. Manche Betroffenen beschreiben den Verlauf einer Migräne als wellenartig. Sie bemerken, wie sich ein Schub anbahnt (Aura), seinen Höhepunkt erreicht und dann wieder abklingt. Oft sind die Migräneanfälle so schlimm und schmerzhaft, dass nur noch das Liegen in einem abgedunkelten und absolut ruhigen Raum für Besserung sorgt. Betroffene Patienten können während eines starken Anfalls teilweise nicht mehr alltäglichen Leben teilnehmen.
Die Symptome eines Migräneanfalls fallen unterschiedlich stark aus, treten auch von Patient zu Patient ganz individuell auf und können zwischen 4 und 72 Stunden anhalten.
Migräne Symptome:
- starke Kopfschmerzen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Lichtempfindlichkeit
- Schwindel
- Müdigkeit
- Gereiztheit
- Sinnesstörung (z.B. Sehstörung)
Die Behandlung von Migräne
Das richtige Medikament für den Patienten zu finden, ist oft ein langwieriger Prozess, der Zeit, Geduld und Ausdauer in Anspruch nimmt. Denn, wie bereits weiter oben im Text erwähnt, sind die Symptome sowie die Stärken der einzelnen Anfälle sehr individuell. Wenn ein Migräneschub vorhanden ist, können einige Mittel zwar eine Linderung verschaffen und für ein wenig Besserung sorgen, aber sie können den Schub nicht komplett verdrängen oder ausheilen.
Daher müssen die Patienten in einem teilweise langen Prozess unter Testung verschiedener Mittel und Dosierungen, die für sie passende Arznei und Dosishöhe ermitteln und regelmäßig Medikamente einnehmen oder im besten Fall, den Schub früh genug erkennen und dann medikamentös reagieren. Oft bringen die eingesetzten Medikamente leider sehr unangenehme Nebenwirkungen mit sich, wie Schwindel, Übelkeit, Herzrasen, Müdigkeit, Schmerzen im Brustbereich usw.
Doch Cannabis bei Migräne einzusetzen, scheint eine vielversprechende Lösung zu bieten, mit schnellem Erfolg und wenigen Nebenwirkungen, wie auch die Forschung bestätigt.
Cannabis bei Migräne-die Studienlage
Die Studienplattform Frontiers hat verschiedene Studien (insgesamt 12 Publikationen mit knapp 1980 Teilnehmern über 18 Jahren) zu dem Thema „Cannabis bei Migräne“ durchsucht, unabhängig geprüft und zusammengefasst.
Die Ergebnisse
Nach einer Anwendungsdauer von sechs Monaten reduzierte Medizinisches Cannabis Übelkeit und Erbrechen im Zusammenhang mit Migräneanfällen deutlich. Auch die Migränetage und die Häufigkeit von Migränekopfschmerzen pro Monat, waren weniger.
Medizinisches Cannabis war 51 % wirksamer bei der Reduzierung von Migräne als Nicht-Cannabis-Produkte.
Im Vergleich zu Amitryptilin (Antidepressivum, das bei neuropathischen Schmerzen eingesetzt wird), brach das angewendete Cannabis bei 11,6 % der Anwender die Migränekopfschmerzen ab und reduzierte die Häufigkeit der Migräne. Die Nebenwirkungen waren meist mild und traten bei 43,75 % der Patienten auf, die orale Cannabinoidpräparate einnahmen.
So fasst Froniers die Studienergebnisse zusammen: Es gibt vielversprechende Hinweise darauf, dass Medizinisches Cannabis eine positive Wirkung auf den Beginn und die Dauer von Migränekopfschmerzen bei Erwachsenen haben kann. Um diese Hypothese zu stützen, sind jedoch gut konzipierte experimentelle Studien erforderlich, die die Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabis bei der Behandlung von Migräne bei Erwachsenen bewerten.
Cannabis bei Migräne – Anwendung
Für die Anwendung und Dosierung von Cannabis bei Migräne gibt es zwei Möglichkeiten: die prophylaktische und die symptomatische Anwendung. Die prophylaktische Anwendung dient der Reduktion der Häufigkeit und der Intensität der Migräneanfälle und die symptomatische Anwendung soll die Schmerzen und die Übelkeit während eines Anfalls reduzieren.
Die Prophylaxe:
Bei der Prophylaxe (Vorbeugung) sollen die körpereigenen Cannabinoide durch die Zugabe von Phytocannabinoide gestärkt werden. Dafür werden täglich bis zu höchstens 2,5 mg THC oder andere Wirkstoffe, zu sich genommen. Diese niedrige Dosis soll nicht zu einem Rauschzustand führen und am besten täglich zu selben Zeit eingenommen werden.
Symptomatisch:
Die symptomatische Linderung ist am effektivsten, wenn das Medikament gleich am Anfangsstadium der Migräne eingenommen wird. Wenn der Betroffene sich bereits übergibt, kann das Inhalieren von bis zu zehn Milligramm THC sehr hilfreich sein, zum Beispiel mithilfe eines Vaporizers. Bei einer fortgeschrittenen Migräne können Dosierungen von bis zu 25 Milligramm THC den Patienten beruhigen und extreme Übelkeit verhindern. Die Zugabe von CBD verringert dabei die THC-Psychoaktivität, durch die Nutzung des Entourage-Effektes.
Für ein effektives Ergebnis ist eine detaillierte Eindosierungsphase, begleitend von einem Arzt, notwendig.
Cannabis bei Migräne-Verabreichung
Schon niedrige Dosen von oral verabreichten Cannabis, können die Häufigkeiten von Migräneanfällen reduzieren. Öle, Tinkturen, Extrakte oder Fertigarzneien wie das Mundspray Sativex®, die unter die Zunge geträufelt oder in den Mund gesprüht werden, wirken schneller und besser als Medikamente in Pastillen- oder Kapselform, die erst vom Körper verdaut werden müssen.
Rauchen gegen Migräne?
Grundsätzlich ist das Rauchen von medizinischem Cannabis der ungesündeste Weg, um das Cannabis aufzunehmen. Aber es ist sehr effektiv, da es schnell wirkt. Die Nutzung eines Verdampfers bzw. Vaporizers wirkt genauso schnell und es ist sehr viel gesünder, da keine Brennstoffe inhaliert werden, sondern nur der frei gesetzte Dampf eingeatmet wird. Gerade im Anfangsstadium der Migräne ist das Verdampfen eine sehr effektive Methode, die die Migräne sogar stoppen kann.
Ist der Anfall oder die Aura noch am Anfang, eignen sich stimulierende Sativa-Chemotypen zum Rauchen oder Verdampfen. Danach scheinen stärkere Indica-Züchtungen, wie violette oder echte Kush Varianten aufgrund ihrer Kombination aus beruhigenden und schmerzlindernden Wirkung effektiv.
Sortenempfehlungen
Für die niedrig dosierte Migräne-Prophylaxe eignen sich Haze Varianten. Bei akuten Schmerzen und Übelkeit sind Purple Sorten wie Purple Urkle, Grand Daddy Urkle Purple Kush und MK Ultra besser geeignet.
Quellen Michael Backes, Cannabis als Medizin (Oktober 2021), 2. Auflage, Kopp Verlag https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fneur.2022.871187/full