Cannabis- vom Medikament zur illegalen Droge
Wir klären auf, wie Cannabis als illegale Droge verteufelt wurde. Cannabis bzw. Hanf war in vielen Teilen der Welt über Jahrhunderte hinweg eine hilfreiche Arznei. Die Menschen lernten ihre Vorzüge zu schätzen und nutzten dieses natürliche Heilkraut. Doch trotzdem wurde die Pflanze kurze Zeit später als illegale Droge erklärt. Das geschah natürlich nicht von heute auf morgen, sondern war ein langwieriger Prozess.
Die Verdrängung des medizinischen Cannabis begann Anfang des 20. Jahrhunderts, unter anderem mit der Erfindung und Vermarktung von chemisch-synthetischen Arzneien. Dazu zählten Aspirin®, Chloralhydrat®, Bromural®, Barbituraten® und Opiate. Bis dahin hatten die Apotheker*innen und Ärzt*innen das heilende Kraut zur Herstellung von Arzneien, Cremes und Tinkturen verwendet und es durfte legal konsumiert werden.
Im Jahre 1925 wurde Cannabis in das erste internationale Opiumabkommen von Den Haag aufgenommen. Das bedeutete eine rechtliche Gleichstellung der Pflanze mit illegalen Substanzen wie Opium, Morphium, Heroin und Kokain.
Das Verbot trägt seine Wurzeln in den USA
In New York entwickelte sich um 1925 die Harlem Renaissance, eine Kulturbewegung, die Musik, bildende Künste, Theater, Kabarett und Literatur verband und in der „gehobenen weißen Gesellschaft“ durch die vielen P.o.c. für großes Aufsehen sorgte. Die Künstlerbewegung konsumierte viel und regelmäßig Cannabis, genauso wie viele der (illegalen) mexikanischen und afroamerikanischen Einwanderer in den USA. Rassismus war zu den damaligen Zeiten in den USA weitverbreitet, die Abgrenzung zwischen den Weißen und den P.o.c. völlig normal und von vielen Menschen der „weißen Bevölkerungsschicht“ war das auch so gewünscht.
Der Kampf gegen den Hanf
1933 begannen die USA einen strengen Feldzug gegen das Rauschmittel Cannabis. Die aufgehobene Alkohol-Prohibition aus dem Jahre 1920 war der Auslöser. Durch die Aufhebung des Alkoholverbots in den USA waren über 8000 Polizisten und Kontrollbeamte arbeitslos. So unterstützte die US-Regierung das eigens eingerichtete Drogendezernat „Federal Bureau of Narcotics“ (Vorläufer der heutigen DEA) bei dem nun beginnenden Kampf gegen den Hanf, unter anderem, um diese Arbeitslosigkeit auszugleichen.
Harry J. Anslinger wurde 1930 Präsident der US-amerikanischen Bundesbehörde für Betäubungsmittel. Er nutzte den Rassismus und die Diskriminierung, die im Land herrschten, um den Druck gegen das Rauchen von Hanf zu erhöhen. Er vermittelte die Message, dass nur arbeitslose und illegal im Land lebende Menschen das Kraut nutzen würden. Allen US-Bewohnern war klar, wer damit gemeint war.
Des Weiteren nutze er schamlos die Geschichte des Axtmörders Viktor Licata für sein irres Vorgehen gegen Cannabis. Victor Licata tötete seine Familie im Jahre 1933 in Ybor City, Tampa, Florida, mit einer Axt. Diese grausame Tat wurde von Anslinger als Beweis missbraucht, dass es einen Zusammenhang zwischen der damaligen Freizeitdroge und Kriminalität gab. Licata war Cannabiskonsument und so behauptete Harry Anslinger, die Droge würde einen verrückt machen und zur Vollziehung solcher Taten treiben. So begann der schlechte Ruf der
Cannabispflanze und sie wurde mit vielen Gewalttaten in Verbindung gebracht. 1937 verfasste Anslinger einen Bericht mit dem Titel „Marihuana, Mörder der Jugend“ und trieb somit das Gesetz voran, welches Cannabis zur illegalen Droge einstufte. Ein weiteres Relikt aus dieser Zeit ist der Film „Reefer Madness“, der kiffende Afroamerikaner als belästigende und vergewaltigende Halunken darstellte.
Cannabis als illegale Droge – auch in Deutschland
Mit der Aufnahme in das Opiumabkommen wurde auch in Deutschland im Jahre 1929 Cannabis als illegale Droge erklärt. Durch das Abkommen war Deutschland gezwungen, „wirksame Gesetze oder Vorschriften zu erlassen, um Herstellung, Einfuhr, Verkauf, Vertrieb, Ausfuhr und Verwendung der Stoffe […] ausschließlich auf medizinische und wissenschaftliche Zwecke zu beschränken“. Man konnte das Heilkraut also noch legal in den Apotheken kaufen, aber für den Freizeitkonsum wurde es verboten.
Komplett illegalisiert wurde die Pflanze erst 1971 durch US-Präsident Richard Nixon! Da wurde das Opiumgesetz zum heutigen Betäubungsmittelgesetz umbenannt. Der indische Hanf wurde zu Cannabis unbenannt und vollständig verboten.
Richard Nixons „War on Drugs“
Um den heutigen Krieg gegen die Drogen genauer fassen zu können, gehen wir zurück in die Zeiten Richard Nixons, der in seiner weltberühmten Presseerklärung 1971 den „War on Drugs“ ausgerufen hat, nachdem er Drogen zum Staatsfeind Nummer Eins erklärt hatte. Nancy Reagan, seine Frau, führte die Kampagne „Just Say No“. Zufälligerweise fällt diese Erklärung mit der Hippie-Bewegung zusammen.
Wie oben bereits beschrieben, war Rassismus und die Kriminalisierung schwarzer und mexikanischer Einwanderer Hauptgrund der Illegalisierung von Cannabis. Als besagte US-Bürger für die rassistische Bevölkerung zu viele Bürgerrechte erhielten, war Cannabis das Mittel der Wahl, um die Kriminalisierung zu erhalten. Die Hippies jedoch waren die erste größere Gruppe von Weißen, die öffentlichkeitswirksam mit Schwarzen sympathisierten. Zudem schlug die Hippie-Bewegung in großen Teilen der Welt Wellen.
Und was ist der Stereotyp-Hippie? Ein Öko-Kiffer mit langen Haaren. Ein Bild, welches Richard Nixon damals geschaffen hat, um möglichst viel Ressentiments gegen Hippies zu erzeugen. Damit P.o.c. weiterhin kriminalisiert werden konnten, hat Nixon also den War on Drugs erklärt und die Hippie-Bewegung öffentlich verurteilt. Man könnte also sagen, dass die Gründung des Betäubungsmittelgesetzes in Deutschland direkt mit rassistischen Motiven aus den USA zusammenhängt.
Doch der Wissenschaft ließ das Heilkraut keine Ruhe
Wie Cannabis zum legalen Medikament wurde
Trotzdem beschäftigten sich Ende der 1940er-Jahre erneut verschiedene Wissenschaftler mit dieser illegalen Droge. Sie wiesen den aktiven und heute bekanntesten Inhaltsstoff von Cannabis nach – THC. Die Struktur der Substanz Tetrahydrocannabinol war für die Wissenschaft damals noch unbekannt und konnte erst sehr viel später, im Jahre 1964, nachgewiesen werden. Dieser Meilenstein wurde von keinem Geringeren als Raphael Mechoulam erreicht, der häufig auch als Urvater der Cannabinoide gilt. Im Jahre 1999 wurde dann das körpereigene Endocannabinoidsystem entdeckt und das Interesse an Cannabis wuchs somit rasant an.
Wie Cannabis zum legalen Medikament wurde
Diese Geschichte ebnete den Weg zur heutigen Gesetzgebung und Cannabis als illegale Droge wurde im Jahre 2017 wieder zum legalen Medikament ernannt. Die letzte Neuerung fand zum ersten April 2024 statt, als Deutschland nach knapp 100 Jahren Prohibition wieder Cannabis legalisierte. Chapeau, sagen wir dazu, dass diese rassistische Gesetzgebung endlich ein Ende gefunden hat.