Die heutigen Cannabisgesetze haben eine lange Vorgeschichte
Die Geschichte von Cannabis reicht über 6000 Jahre zurück. Als lebensnotwendiger Rohstoff und Arznei verehrt, verlor Cannabis sein Ansehen im Laufe der Jahre. Leider. Wenn man bedenkt, dass es erst im Jahre 1972 komplett als illegale Droge abgeschrieben und verboten wurde, ist es eigentlich nur eine kurze Zeit, bis es im Jahre 2017 als Medikament und im Jahr 2024 als Genussmittel wieder legal wurde.
Dennoch fragt man sich, wie eine Pflanze nach jahrtausendelangem Gebrauch fast weltweit verboten werden konnte.
Wir freuen uns allerdings, dass seit April 2024 Cannabis in Deutschland endlich wieder erlaubt ist. Damit dient Deutschland hoffentlich als Leuchtturm für Europa und weitere Teile der Welt!
Das Opiumabkommen von 1925
Aber so einfach ist das mit der Legalisierung von Cannabis nicht. Im Jahre 1925 wurde Cannabis in der Opiumkonferenz als illegale Droge erklärt. Sie fand in Genf statt und hatte zum Ziel, den internationalen Handel von Opium und weiteren Betäubungsmitteln zu regulieren. Auf dieser Konferenz wurde dafür gestimmt, dass Cannabis als Freizeitdroge illegalisiert wird. Durch das Abkommen war Deutschland gezwungen, „wirksame Gesetze oder Vorschriften zu erlassen, um Herstellung, Einfuhr, Verkauf, Vertrieb, Ausfuhr und Verwendung der Stoffe […] ausschließlich auf medizinische und wissenschaftliche Zwecke zu beschränken.“ Seit 1925 war also Cannabis spätestens vollends verboten.
Eine Verfassungsbeschwerde aus dem Jahre 1999 führte dazu, dass Cannabis bis zur Teillegalisierung 2024 als verschreibungsfähiges Betäubungsmittel der Anlage III (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel) eingestuft war. Vorher wurde Cannabis in Anlage I (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel) gelistet. Dadurch bestand bis dahin für Ärzte keine Möglichkeit, Cannabis als Arznei zu verschreiben. Doch die Cannabisgesetze wurden umgeschrieben und somit teillegalisiert. Erst für den medizinischen Gebrauch im Jahr 2017, dann auch für den freizeitlichen Gebrauch 2024.
Das heutige Verfahren hat einen komplizierten Vorgänger
Die genannte Beschwerde wurde von der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin für acht Patienten finanziert und unterstützt. Sie erreichten, dass das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2000 einen Beschluss veröffentlichte, dass Patienten bei der Bundesopiumstelle eine Ausnahmeerlaubnis für den Konsum von medizinischem Cannabis beantragen können. Von dieser Erlaubnis haben mehr als 100 Patienten Gebrauch gemacht.
Dadurch wurde ein festgelegtes Verfahren erstellt, wie ein Patient eine solche Sonder-Erlaubnis beantragen muss. Doch das genannte Verfahren war relativ kompliziert für den*die Patient*in, den*die behandelnde*n Arzt*Ärztin und die Apotheken.
Der Arzt*die Ärztin musste erstmal eine ausführliche gutachtliche Stellungnahme über den Patienten schreiben, auf dessen Basis die Bundesopiumstelle prüfte, ob sie die Ausnahmeerlaubnis erteilen. Der*die Patient*in musste also eine*n Arzt*Ärztin finden, der dazu bereit war und dann eine passende Apotheke.
Für diese bedeutete das ebenfalls einen enormen Aufwand und einige Kosten. Neben der Beantragung der BtM-Erlaubnis musste ein BtM-Verantwortlicher in die Apotheke bestellt werden. Des Weiteren musste eine Halbjahresmeldung über den Erwerb und ggf. die Herstellung, Zubereitung, zeitweilige Lagerung und die Abgabe der Cannabisblüten- oder extrakte geschrieben werden. Trotzdem wurden alleine im Zeitraum von Januar 2011 bis Juni 2016 ca. 1190 Anträge gestellt. Stand Januar 2017 besaßen in Deutschland ca. 1000 Personen eine entsprechende Erlaubnis. Diese wurde aber aufgrund der hohen Kosten, vor allem der Cannabisblüten (12 – 24 € pro Gramm), nicht von allen genutzt. Das war natürlich auch nicht Sinn der Sache. Ein neues Cannabisgesetz musste also her.
Cannabis Marke Eigenbau
Nachdem mehrere Patienten auf den Eigenanbau von Cannabispflanzen geklagt hatten, entschied das Verwaltungsgericht Köln am 22. Juli 2014 deren Klagen positiv. Das BfArM tat sich aber schwer, eine solche Erlaubnis zu erteilen. Ein Eigenanbau von Cannabis kann nicht vollständig kontrolliert werden und die Qualität für die medizinische Anwendung wäre nicht garantiert. In jeder Ernte wäre THC und CBD in unterschiedlichen Mengen vorhanden, niemand könnte das kontrollieren und daher wäre eine gut laufende Therapie nicht sichergestellt.
Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die Pflanzen möglicherweise auf ungeeignetem Untergrund gezogen werden und es hier zu Problemen mit der Aufnahme von Pestiziden und Schwermetallen kommen könnte. Die Bundesregierung legte Revision gegen das Urteil ein, das einem Patienten den Eigenanbau von Cannabis genehmigte und kündigte an, eine hilfreiche Lösung und ein solides Gesetz für die notwendige Versorgung mit medizinischem Cannabis zu finden.
Cannabis findet den Weg zurück in unsere Apotheken
Die Bundesregierung, der Bundesrat und der Bundestag beschäftigten sich somit mit der Sonderregelung der Erteilung einer BtM-Erlaubnis. Am Ende entstand dann ein Gesetzesentwurf, der von der Bundesregierung am 28. Juni 2016 in den Bundestag eingebracht und 2017 verabschiedet wurde. Zu Beginn 2017 ist das neue Gesetz inkraftgetreten.
Seither ist (meistens) eine ausreichende Versorgung mit Cannabis als Medikament sichergestellt.s
Diese Entwicklungen haben erst im Jahr 2024 wieder Schlagzeilen gemacht. Die Demecan GmbH war der erste Hersteller, der eine Anbauerlaubnis für medizinisches Cannabis in Deutschland erhalten hat. Anfang 2024 veröffentliche Demecan das erste deutsche Fertigarzneimittel namens Demecan One concentrate 850.
April 2024: Patienten und Konsumenten werden gleichgestellt
Ihre letzte Erweiterung fanden die deutschen Cannabisgesetze am ersten April 2024. An diesem Tag wurde in Deutschland Cannabis teillegalisiert, womit die Prohibition, die seit knapp 100 Jahren galt, gebrochen wurde. Das ist auf den ersten Blick absolut wunderbar und ein Schritt in die richtige Richtung. Problematisch ist allerdings, wie Cannabis-Patienten fortan behandelt werden.
Zuvor galten gewisse Privilegierungen für Patienten, etwa was den Konsum in der Öffentlichkeit, in der Nähe von Minderjährigen oder den Straßenverkehr angeht.
Seit der Teillegalisierung sind Patienten jedoch mit einfachen Konsumenten gleichgesetzt. Das heißt, dass etwa dieselben Konsumverbotszonen gelten. Des Weiteren dürfen Patienten bspw. nicht konsumieren, wenn Kinder im Haushalt sind, was für den Therapieerfolg entsetzlich sein kann.
Daher begrüßen wir zwar ganz klar die Teillegalisierung, verurteilen allerdings die Gleichsetzung von Patienten. Es bestehen sehr großen Unterschiede zwischen dem freizeitlichen Gebrauch und dem medizinischen Gebrauch, weshalb das CannG in Zukunft hoffentlich eine Revision diesbezüglich erfahren wird.
Quellen Häußermann Klaus/ Grotenhermen Franjo /Milz Eva (Februar 2017): Cannabis, Arbeitshilfe für die Apotheke, 1. Aufl., Deutscher Apotheker Verlag.