In einer neuen Studie wurde untersucht, wie sich verschriebenes medizinisches Cannabis auf die Fahrleistung von Patient:innen auswirkt. Dabei zeigte sich, dass der Konsum dieses Produkts bei korrekter Einnahme keine nennenswerten negativen Auswirkungen auf die Fahrsicherheit hat. Im Gegenteil: Die Teilnehmer:innen hielten sich nach der Einnahme sogar besser an Geschwindigkeitsbegrenzungen und empfanden das Fahren als weniger anstrengend.
Worum ging es in der Studie?
Mit der zunehmenden Verschreibung von medizinischem Cannabis zur Behandlung verschiedener Beschwerden stellt sich eine wichtige Frage: Beeinflusst dieses Mittel die Fähigkeit, ein Fahrzeug sicher zu steuern? Gerade bei Wirkstoffen, die sowohl kognitive als auch psychomotorische Fähigkeiten beeinflussen könnten, ist es wichtig zu wissen, ob Patient:innen nach der Einnahme noch sicher am Straßenverkehr teilnehmen können.
Um diese Frage zu klären, führten Forscher:innen eine semi-naturalistische Open-Label-Studie durch. Insgesamt nahmen 40 Erwachsene im Alter von 23 bis 80 Jahren daran teil. Alle Teilnehmer:innen konsumierten ihr eigenes, vom Arzt verschriebenes medizinisches Cannabis-Produkt und absolvierten anschließend mehrere Fahrtests in einem Fahrsimulator.
Die Fahrtests fanden zu verschiedenen Zeitpunkten statt:
- Vor der Einnahme des Produkts
- 2,5 Stunden nach der Einnahme
- 5 Stunden nach der Einnahme
Zu jedem dieser Zeitpunkte wurden verschiedene Parameter der Fahrleistung gemessen, darunter:
- Standardabweichung der seitlichen Position (SDLP): ein Maß für das Schlingern auf der Fahrbahn
- Standardabweichung der Geschwindigkeit (SDS)
- Durchschnittsgeschwindigkeit
- Lenkvariabilität
Darüber hinaus gaben die Teilnehmer:innen an, wie anstrengend sie das Fahren empfanden (wahrgenommene Fahranstrengung, PDE). Zusätzlich wurden Mundflüssigkeit- und Blutproben entnommen, um die Konzentration von Wirkstoffen im Körper zu analysieren.
Wie wirkt medizinisches Cannabis auf die Fahrleistung? Die wichtigsten Ergebnisse
Die Analyse der Fahrtests zeigte überraschende und positive Ergebnisse:
1. Stabilere Fahrzeugkontrolle nach der Einnahme
Nach der Einnahme von medizinischem Cannabis zeigten die Teilnehmer:innen eine stabilere Fahrzeugkontrolle als zuvor. Das Schlingern auf der Fahrbahn (SDLP) blieb weitgehend unverändert, was darauf hindeutet, dass die Fähigkeit, das Fahrzeug sicher in der Spur zu halten, nicht beeinträchtigt wurde.
2. Bessere Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzungen
Ein besonders interessantes Ergebnis war die Beobachtung, dass die Teilnehmer:innen nach der Einnahme des Produkts die Geschwindigkeitsbegrenzungen besser einhielten. Dies deutet darauf hin, dass sie vorsichtiger und verantwortungsbewusster fuhren.
3. Weniger Stress hinterm Steuer
Ein weiterer positiver Effekt: Die wahrgenommene Fahranstrengung nahm nach der Einnahme ab. Das bedeutet, dass die Teilnehmer:innen das Fahren nach dem Konsum von medizinischem Cannabis als weniger belastend und stressig empfanden.
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Unterschiede je nach Produktart
Die Studie zeigte auch Unterschiede in der Fahrleistung, abhängig davon, welches medizinische Cannabis-Produkt die Teilnehmer:innen konsumierten:
- Produkte auf Blütenbasis zeigten insgesamt stabilere Ergebnisse.
- Ölbasierte Produkte führten zu einer höheren seitlichen Abweichung (SDLP) und zu einem stärkeren Anstieg der wahrgenommenen Anstrengung (PDE).
- Diese Unterschiede könnten auf die unterschiedlichen Wirkstoffkonzentrationen und Aufnahmezeiten der Produkte zurückzuführen sein.
teilnehmen können.
THC-Konzentrationen im Körper
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Studie war die Messung der THC-Konzentrationen im Körper. In den Mundflüssigkeitsproben der Teilnehmer:innen wurden bis zu 6 Stunden nach der Einnahme noch nachweisbare THC-Werte festgestellt. Der gemessene Bereich lag zwischen 0 und 24 ng/ml.
Die Forscher:innen betonen jedoch, dass die gemessenen THC-Werte nicht direkt mit der Fahrleistung korrelieren. Das bedeutet, dass ein positiver THC-Test nicht zwangsläufig eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit bedeutet.
Was bedeuten diese Ergebnisse für Patient:innen?
Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass stabil dosierte und verschriebene medizinische Cannabis-Produkte kaum Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit haben. Für viele Patient:innen, die auf diese Medikamente angewiesen sind, bedeutet das eine wichtige Entlastung. Solange sie die Produkte wie vom Arzt verordnet einnehmen, besteht kein erhöhtes Risiko im Straßenverkehr.
Trotzdem ist Vorsicht geboten: Unmittelbar nach der Einnahme kann es sinnvoll sein, auf das Autofahren zu verzichten, bis die Wirkung vollständig beurteilt werden kann. Die Art des Produkts spielt eine Rolle. Blütenprodukte scheinen im Vergleich zu ölhaltigen Produkten weniger Einfluss auf die Fahrleistung zu haben.
Fazit: Keine pauschale Fahruntauglichkeit durch medizinisches Cannabis
Die Studie zeigt, dass der Konsum von verschriebenem medizinischem Cannabis bei richtiger Anwendung kein erhöhtes Risiko für die Fahrsicherheit darstellt. Im Gegenteil: Die Teilnehmer:innen fuhren nach der Einnahme oft sogar sicherer und entspannter.
Für Patient:innen bedeutet das, dass sie nicht grundsätzlich auf das Autofahren verzichten müssen, wenn sie stabil dosierte Produkte nutzen. Allerdings sollten sie sich der individuellen Wirkung bewusst sein und im Zweifel vorübergehend auf das Fahren verzichten.