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Cannabis

Beugehaft für Kiffer? Eher unwahrscheinlich

Beugehaft bzw. Erzwingungshaft durch den Besitz von Cannabis? Eher unwahrscheinlich...

Inhaltsverzeichnis

Mila Grün

Mila Grün Chefredakteurin der Cannabibliothek

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Die Bildzeitung veröffentlichte einen Beitrag mit dem Titel: „Hä, das ist doch jetzt legal? Kiffern droht Beugehaft.“ In der Schlagzeile mit dem Titel „Legal, aber riskant: Die Herausforderungen für Konsumenten“ haben wir über den Inhalt  dieses Beitrages informiert und darauf hingewiesen, dass die Bildzeitung bekannt dafür ist, gelegentlich zu übertreiben oder Halbwahrheiten zu verbreiten. In diesem Fall hofften wir, dass dies auch zutrifft. Und unsere Hoffnung bewahrheitet sich.

Der renommierte Strafrechtsanwalt Konstantin Grubwinkler war gestern über zwei Stunden live auf YouTube zu sehen und klärte Fragen zum Thema des Konsums von Cannabis, der angedrohten Beugehaft sowie zu entsprechenden Gesetz. Seine Antwort war klar: Eine Beuge- oder Erzwingungshaft wird nicht so leicht verhängt. Es ist sogar eher unwahrscheinlich, dass es dazu kommt.

Droht „Kiffern“ wirklich Beugehaft?

Eine Beugehaft ist nicht völlig ausgeschlossen, das muss man im Vorfeld klarstellen, aber sie ist dennoch äußerst unwahrscheinlich. Es gibt bestimmte Vorgehensweisen, die man bei einer Polizeikontrolle anwenden kann, um eine Beuge- oder Erzwingungshaft zu vermeiden.

Seit dem 1. April 2024 ist Cannabis unter bestimmten Bedingungen und mit Einschränkungen legal. Ein erwachsener Mensch darf bis zu 25 Gramm Cannabis legal bei sich tragen. Der Erwerb über den Schwarzmarkt bleibt weiterhin verboten. Da der Eigenanbau jedoch erst seit dem 01.04. erlaubt ist, kann von diesem bis heute noch keine Ernte erfolgt sein, da der Anbau einige Wochen dauert. Anbauvereine, die ebenfalls Cannabis legal anbauen und verkaufen können, dürfen ihre Tore erst ab dem 01.07.2024 öffnen, also fällt auch diese legale Quelle aktuell noch weg.

Vor dem Inkrafttreten des Konsumcannabis-Gesetzes hatte man üblicherweise das Recht, die Aussage zu verweigern, da dies als Selbstbelastung angesehen werden könnte, denn das bloße Mitführen von Cannabis galt bereits als strafbar. Doch nun, da das Mitführen unter bestimmten Umständen legal ist, sieht die Situation anders aus. Wenn man Cannabis bei sich führt, das offensichtlich aus illegalen Quellen stammt, wird man zum Zeugen einer Straftat (illegaler Anbau bzw. Dealerei). In diesem Fall ist man verpflichtet, eine wahrheitsgemäße Aussage zu machen. Wenn man dies verweigert, besteht die Möglichkeit, dass die Justiz eine Beugehaft anordnet, wie es im Bild-Artikel erwähnt wurde. Doch ist dies tatsächlich wahrscheinlich?

Konstantin Grubwinkler klärt auf

Einige Staatsanwaltschaften hatten die Idee, wenn Polizisten Cannabis-Konsumenten in der Öffentlichkeit „erwischen“, dass sie ein Verfahren gegen Unbekannt eröffnen sollen und diese Konsumenten als Zeugen gegen Unbekannt in ein Vermittlungsverfahren einladen. Weil man das Cannabis, wie oben beschrieben, ja theoretisch nur aus illegalen Quellen haben kann, außer man ist Patient. Denn der Verkauf von Konsumcannabis ist und bleibt strafbar.

Doch selbst der Besitz von illegal erworbenem Cannabis ist seit der Gesetzesänderung nicht mehr strafbar. Allerdings trifft die Strafverfolgung dann den vermeintlichen Dealer. Der Konsument oder Besitzer gilt dann lediglich als Zeuge.

Ein Zeuge hat kein Recht zur Aussageverweigerung und muss vor Gericht die Wahrheit sagen. Er kann jedoch Fragen, die ihn selbst belasten würden, verweigern, was als Auskunftsverweigerungsrecht bekannt ist. Doch einige Staatsanwaltschaften argumentieren, dass dieses Recht nicht gilt, da der Besitz nun legal ist. Somit müssen Fragen zur Herkunft des Cannabis beantwortet werden. Wenn man diese verweigert, kann man theoretisch bis zu sechs Monate in Beugehaft genommen werden. Dies ist aktuell die Drohung gegenüber den Konsumenten. Grubwinkler sagt jedoch, dass dies nicht ganz richtig ist.

Diese Beugehaft bzw. Erzwingungshaft kann nur geltend gemacht werden, wenn du zur Aussage verpflichtet wirst! Und das ist ein langer und unwahrscheinlicher Weg. 

Tipps zum Umgang mit der Polizei bei einer Kontrolle

Wenn du öffentlich Cannabis konsumierst und von der Polizei kontrolliert wirst, bleibe standhaft und lass dich nicht einschüchtern. (Wichtig, halte dich aber die gesetzlichen Bestimmungen und konsumiere nicht in den Verbotszonen.) Denn die Annahme, dass das Cannabis ausschließlich aus illegalen Quellen stammt, ist laut Grubwinkler nicht korrekt. Es gibt mehrere mögliche Szenarien: Du könntest zum einen Patient sein, der sein Cannabis legal aus der Apotheke bezieht, oder du hast es tatsächlich vor dem 1. April 2024 selbst angebaut, als dies noch illegal war. Mit der Gesetzesänderung wurden jedoch drei Pflanzen und 50 Gramm zu Hause legal.

Wenn du das Cannabis selbst angebaut hast, gibt es keinen Tatverdächtigen, und daher dürfte kein Vermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet werden. Außerdem kannst du weiterhin dein Auskunftsverweigerungsrecht ausüben. Solltest du das Cannabis illegal erworben haben und eventuell mehr als 25 Gramm gekauft haben, würdest du dich selbst belasten, also kannst du auch hier die Aussage verweigern.

Wenn die Polizei dich also nach der Herkunft des Cannabis fragt, antworte höflich: „Das ist meine Privatsache und geht Sie nichts an.“ Es ist zwar verboten, Cannabis aus illegalen Quellen zu erwerben oder anzunehmen, aber es ist erst dann strafbar, wenn mehr als 25 Gramm erworben oder mehr als 50 Gramm zu Hause gelagert werden.

Wenn die Polizei daraufhin ein Verfahren ankündigt, handle wie folgt:

  • Trage stets deinen Ausweis bei dir, um deine Identität nachzuweisen. Das ist wichtig, da die Polizei dich andernfalls festnehmen könnte, bis deine Identität geklärt ist.
  • Bleibe stets freundlich und mache keine Aussagen. Du musst als Zeuge die Wahrheit sagen, aber nur vor Gericht. Vor der Polizei bist du nicht verpflichtet, Aussagen zu machen oder Fragen zu beantworten, unabhängig davon, was die Polizei behauptet.
  • Zeige der Polizei deinen Ausweis und sage: „Ich muss Ihnen nicht sagen, woher ich das Cannabis habe. Das ist meine private Angelegenheit. Bitte nehmen Sie meine Daten auf und schicken Sie mir eine Einladung.“
  • Falls du eine Vorladung zu einem Verfahren gegen Unbekannt erhältst, musst du dieser Einladung nicht folgen. Du bist nicht verpflichtet, bei der Polizei zu erscheinen. Erst wenn du eine Vorladung von der Staatsanwaltschaft bekommst, musst du dieser Nachgehen.
  • Solltest du einen Brief von der Polizei bekommen, mit dem Hinweis, dass dieser eine Vorladung von der Staatsanwaltschaft beinhaltet, dann gehe zur Polizei, nimm deine Vorladung  mit und erkläre, dass du dich nicht selbst belasten und dein Auskunftsverweigerungsrecht in Anspruch nehmen möchtest.
  • Erst dann könnte es unter bestimmten Umständen zu einer Erzwingungshaft kommen. Doch dieser Aufwand wäre enorm groß und laut Konstantin Grubwinkler äußerst unwahrscheinlich.

Das komplette Video und weitere interessante Antworten erhältst du auf YouTube. 

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Quellen Konstantin Grubwinkler auf YouTube