Ein Urteil sorgt für Aufsehen: Cannabis im Gefängnis ist legal, zumindest der Besitz.
Seit der Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland herrscht nach wie vor durch immer wieder neue, aufkommenden Szenarien Unsicherheit. Was ist erlaubt, was nicht, wo darf man konsumieren, wo nicht? All diese Fragen treiben die Juristen, Politiker*innen und Polizist*innen um und das auch im Gefängnis.
Im Mai 2025 hat das Kammergericht Berlin ein wegweisendes Urteil gefällt: Strafgefangene dürfen bis zu 50 Gramm Cannabis in ihrer Zelle besitzen, sofern es dem Eigenkonsum dient. Der Grund: der Haftraum gilt als „gewöhnlicher Aufenthalt“ – und genau dort ist der Besitz erlaubt (§ 3 Abs. 2 KCanG). Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein, weil sie meinte, das Gesetz solle streng ausgelegt werden und sich nur auf den Cannabiskonsum in privaten Wohnungen beziehen – nicht auf Gefängniszellen, die ihrer Ansicht nach schon aus Sicherheitsgründen kein „gewöhnlicher Aufenthalt“ sein könnten.
Dass das Gericht dieses Urteil fällte, bedeutet allerdings nicht automatisch, dass im Gefängnis gekifft werden darf. Der Konsum bleibt weiterhin unter der Kontrolle der jeweiligen Anstaltsleitung und kann untersagt werden (was er auch meistens wird).
Cannabis im Gefängnis: Besitz ja – Konsum nein?
Der Unterschied zwischen Besitz und Konsum ist entscheidend: Zwar erlaubt das neue Gesetz bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis, wenn es am „gewöhnlichen Aufenthaltsort“ aufbewahrt wird – was bei Häftlingen die Zelle sein kann –, aber ob geraucht werden darf, entscheidet die Gefängnisleitung.
Das Kammergericht stellte klar: Das Gesetz allein gibt keinen Anspruch auf Konsumfreiheit. Die Sicherheit, Ordnung und das Ziel des Strafvollzugs dürfen nicht gefährdet werden. Deshalb ist es den Anstalten weiterhin gestattet, Cannabiskonsum vollständig zu untersagen – selbst wenn der Besitz legal ist.
Wie kommt man im Gefängnis überhaupt legal an Cannabis?
Auch wenn der Besitz unter bestimmten Bedingungen erlaubt ist, stellt sich die praktische Frage: Wie sollen Gefängnisinsassen legal an Cannabis kommen?
Die Antwort: eigentlich gar nicht. Denn Gefängnisse sind geschlossene Systeme, und Drogenbesitz ist dort streng reguliert. Selbst wenn die Gesetzeslage es erlaubt, kann der Zugang durch die internen Regeln blockiert werden.
Einige Szenarien wären denkbar:
- Mitbringen bei Haftantritt (theoretisch, aber selten erlaubt)
- Erhalt über Besucher (fast immer verboten)
- Ausgabe durch medizinisches Personal (nur bei medizinischem Bedarf, s. u.)
In der Realität haben Häftlinge in Deutschland keinen legalen Zugang zu Cannabis – selbst wenn sie es besitzen dürften.
Medizinisches Cannabis im Gefängnis: Ein Sonderfall
Ein anderer Weg führt über den medizinischen Einsatz. Wer aus gesundheitlichen Gründen Cannabis verschrieben bekommt – etwa bei chronischen Schmerzen oder neurologischen Erkrankungen – darf auch im Gefängnis auf ärztlich verschriebenes medizinisches Cannabis zugreifen.
Allerdings: Das ist kein Selbstläufer. Jede JVA (Justizvollzugsanstalt) entscheidet über medizinische Versorgung im Einzelfall. Dabei werden Sicherheit, Lagerung, Dosierung und Überwachung besonders streng geregelt. Auch hier kann es also zu Einschränkungen kommen – selbst bei einem gültigen Rezept.
Alkohol im Gefängnis: Strenger verboten als Cannabis?
Wer glaubt, dass Alkohol im Gefängnis frei verfügbar ist, liegt falsch. Alkohol ist in Justizvollzugsanstalten in aller Regel komplett verboten, auch wenn er legal ist. Der Grund: Alkohol kann aggressives Verhalten fördern, Entzugserscheinungen auslösen und den geregelten Alltag in Haft stören.
In diesem Licht wirkt das Urteil zum Cannabisbesitz fast überraschend liberal. Es zeigt, dass der Gesetzgeber bei Cannabis durch die Legalisierung differenzierter denkt als bei anderen Drogen.
Was das Urteil für die Zukunft bedeutet
Das Berliner Urteil könnte der Anfang sein. Für viele Konsumenten ist das ein wichtiges Zeichen, dass es hier voran geht und wir weiterhin mit Fortschritt rechnen können.
Allerdings bleibt das Verhältnis zwischen Legalität im Gesetz und den Regeln im Strafvollzug bestehen. Ob sich daraus langfristig neue Regeln für den Umgang mit Cannabis im Gefängnis ergeben, wird sich zeigen – vielleicht in künftigen Urteilen – vielleicht durch Eröffnung von Cannabis social clubs in Gefängnissen. Das wäre doch mal eine vernünftige Maßnahme. Dann haben die Häftlinge eine Beschäftigung, können sich einbringen und tun etwas Gutes für sich und ihre Mitmenschen.
Fazit: Cannabis im Gefängnis – erlaubt, aber nicht frei verfügbar
Das neue Urteil zeigt: Cannabis im Gefängnis ist unter bestimmten Bedingungen erlaubt, aber es bedeutet keinen Freifahrtschein. Der Besitz kann legal sein – der Konsum aber verboten. Auch der legale Zugang ist genau betrachtet eh unmöglich, außer es handelt sich um eine Cannabisarznei. Doch auch medizinisches Cannabis ist nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt.
Der Fall macht deutlich, wie komplex die neue Gesetzeslage ist – besonders in geschlossenen Systemen wie dem Strafvollzug. Und er zeigt: Die Legalisierung ist nur der Anfang einer langen Debatte über den sinnvollen Umgang mit Cannabis in Deutschland.